winterwehleid

ah, nein, und nicht dass es nicht schmerzte
dass es nicht litte, an mir
das ist nicht meine welt, die des meins
das eifersüchtelt, das beleidigt wird
das wütet und verletzt
das schlägt und sich nicht mehr sehnen mag

ah, nein, und nicht dass es nicht litte
dass es nicht weinte, dass die seele nicht sänge
und nun liebe ich ihn doch, so wie liebe das halt tut
sinnlos
an den haaren herbeigezogen

ah, nein, und nicht dass ich dich nicht vermisste
ein liebeslied soll es nicht sein
so ist es nämlich nicht
wie ist es dann

ah, nein, und obsession
die nächste vielleicht
was ist es wert, all das geracker
wenn niemand da, der die tiefsten winkel der seele verstünde

meine großmutter

... starb im herbst
in morschen sonnenstrahlen
und schweigendem wind

... starb im oktober
unter tränenlosem himmel
und meiner dankbarkeit

... starb zum geburtstag
in geschlossenem sarg
und gottes land

... starb im staunen
dass bäume älter werden
und wir die schwingen nur rauben

vielleicht einsam

die jungs sind wie skater, wie die biker
sie posen, sie lächeln
schüchtern
in die kamera, ins blitzlicht
in den moment
vielleicht
einmal sie zu sein

trotz weihnachtsbeleuchtung blitzklo modulator
wippender knie gefärbter strähnchenfrisuren streifenshirts
trotz 50jähriger vergreister nikotinetten
hoher biergläser schwuler mixer
vielleicht
einmal held zu sein

keine heimat kein stil
nichtmal auf santana können sie sich einigen
kein zuspiel
vielleicht
einmal selbst zu sein

das große gemeinsame
mensch sein
im namen des herrn
vielleicht
einmal heilig zu sein

unschuldig sein
nicht gerichtet werden
bestehen
vielleicht
einmal gott zu sein

nackt sein
keine sorge
fett zu sein alt zu sein vergehend zu sein sterbend zu sein
vielleicht
einmal berauscht zu sein

rauchen saufen vögeln arbeiten
sich den arsch für nix aufreißen
um nachher mit nem cent im hals zu verrecken
vielleicht
einmal vorne stehen am bierglas
vielleicht
einmal die schaumkrone richtig haben
wie in der werbung

vielleicht
einmal sich nicht am glas festhalten zu müssen
an der luft, am klang
vielleicht
einmal nicht fallen, nicht stolpern in den ausgelatschten schlappen
vielleicht
dass die kerze im richtigen moment ausgeht
und das teelicht auf meinem grab ewig brennt
auch ohne strom

und vielleicht hab nur ich diese angst
und der hund, der blinde
der wirre geist

und vielleicht ist die verzweifelung in der stimme
nur ein tauber schall und das echo
vom schwinden
und vielleicht schreibe ich nur
über meine angst

auf dem klo wegzunicken
wenn der ton unendlich wird
wenn er einmal ausklingt
ohne zu sterben

wenn mein gefühl
ausschwingen kann
ohne sich zu verschlucken
an der angst
zusammen
nicht zu sein
und alleine
zu viel

rote gier

nervöse aggression
alles arbeitet
ihr kiefer zermahlt alles halbvergessene
schneidendes espenlaub unter roter kaputzenjacke

endlich
steigt
die andere
ein
farben sanftmut, rohe größe

gott
natürlich
sie ist verliebt
wie ihre blicke über
die andere
wandern

jeden zentimeter haut kleidung lächeln brennt sie ein
bei den augen hängt sie fest, springt in milimetern, weiß sich nicht loszureißen
weiß nicht zuzuhören, hängt an jedem wort, jedem klang

die andere
weiß
von nichts
erzählt, plappert, sieht die gier nicht, die hoffnung

new orleans jazz

marry me mary jane
oh fucking marry me

kill me mary jane
like you never killed anyone

fuck up my life mary jane
like you were fucked up

feed my demons mary jane
for they need to feast upon you

be my hell mary jane
fever of my loins

but never love me mary jane
for I don't need your love

diese schenkel

diese schenkel
oh, diese schenkel

durchtrainiert
sehnig
stramm
wärn sie nur nicht an dem Kerle dran
diese schenkel

second life

mein tag fängt an
licht
an die decke starren
blank
weiß
?geht der wecker
digital
klick
nächste zahl
klick
extra groß
ohne brille gut ablesbar
rot
klick
der wecker nachrichten politik lokales wetter verkehr
!keiner
aufstehen einatmen
anziehen atmen
tasche schwarz
?vielleicht fragt sie heute
atem anhalten
brille
ausatmen

morgengrauen
schienen rattern
sonne grell
?schlüssel holen
?schlüssel nicht holen
in der halle auf und ab gehen
tür auf
strom an strom aus
null eins
ausstellung
trinktüten drei orange grün grün
strohhalme vier
nach farbe sortiert
alle weiß
warten
?vielleicht heute

pause schnell
zwei twix schnell
durstlöscher orange schnell
leer
trinktüten vier orange grün grün orange
leer
strohhalme fünf
nach farbe sortiert
alle weiß
!guten morgen
?vielleicht
digitale göttin
assemblerperfektion
?heute

off vacation

waterside
ships
hot burning city sun
passing of time
quiet strolls
boattrips to Djurgården
the sea
thousand languages
understanding of things
not by word

ich kenne dich schon so viele jahre

ich kenne dich schon so viele jahre...

gemeinsam hühner gestohlen
dem lieben gott die zeit
uns die hand gehalten
in finstren abenteuern
in der sonne gebadet
sand im haar

ich kenne dich schon so viele jahre...

neue töne gleiten
auf bekannten saiten
pflügen den äther
funkenschlag am firmament
tosende wellen
pochender puls

ich kenne dich schon so viele jahre...

einfach so die welt
entdecken
verwirrend
simpel sein schaffen
seltsam
alltäglich das spiel verändern

ich kenne dich schon so viele jahre...

programm

zeichen zieren die konsole
vielleicht mach ich damit kohle
doch es schweifen meine blicke
und ich klicke klicke klicke

die serielle männerwelt
was sie wohl zusammenhält
wie sie gieren ihre blicke
und ich klicke klicke klicke

zukunftsängste allenthalben
baue mir mal kleine schwalben
aus papier aus nicht zu dickem
und wir klicken klicken klicken

mich verlässt das interesse
vielleicht werd' ich doch mätresse
lustvoll sehnend seine blicke
und ich klicke klicke klicke

programmierte langeweile
eher dös' ich eine weile
oh es schweifen meine blicke
und ich klicke klicke klicke

entstanden in Zusammenarbeit mit Tatze

sommerende

das zeitalter roter fahnen
hostien, weißen schnees

das haus so groß
unendlich lange bodendielen
mein versteck unter der nähmaschine

alles riecht immer noch so

der putz fällt von den wänden
auseinandergebrochene betten
meinen teppich haben mäuse zerfressen

die buchvitrine geplündert
mickiewicz liegt schon längst bei mir

die ziererbsen tot
andere bäume
längst kein treibhaus mehr

nur die bienen sind geblieben
die kellertreppe
und mein bett

echoes

stalagmit
stalaktit
licht bricht am calcit

flackert
wellen ins wasser

unendlich getragener
schall

ein abenteuer

ich war im herzen der welt
und an ihren rändern

sah seltsame völker
wirklichkeitsnomaden
und wilde tiere
leicht wie der atem

ich spähte in die hölle
lebte
starb
stieg in den himmel...

als ich wieder
auf die erde kam
streichelte ein baum
mir durchs haar




















fotografiert von Tatze

ehre

zwischen trauerweiden
steht sie
wringt die groben hände
im schoß

unter
dem stahlhimmel
übt sie demut
beim
niedergang der sonne
geht sie
steigt zu ihren söhnen hinauf

über
stein
blut
marmor
sie weiß sie nicht:
die schweren stiefel
die löchrigen mäntel

dem
stolz
zollt sie kniefälle
sie zählt sie nicht:
im steppenschnee
erfrorene knochen

den
sorgen
setzt sie kriegerlorbeer auf
sie achtet ihn nicht:
den müden heldenmut

nur noch
macht
versteinert sie zu tränen

profanität einer ehe

an einer ehe ist nichts heiliges
alles völlig profan

sie wird schmutzig
im alltag
wie die zahnpasta vom morgen

wortersatz
kaffeesatz
teebeutel

und doch kenne ich niemanden
so gut
nachts
auf heißer haut

und
warum flattert mein herz
dann so eifrig
beim spülen

ganz gewöhnlich

wo wir uns zuerst sahen...
kann mich nicht erinnern

mit ihm sorgen und nöte teilen...
ich kann nichts verheimlichen

die wünsche von seinen augen lesen...
ich verliere doch im flug
den boden unter den füßen

seine tränen trocknen...
ins trudeln geratend
meine federn flatternd

ihn jede nacht in den armen halten...
wenn ich von hier
die erde nicht sehen kann

ganz gewöhnlich
hält er mir die hand

sommernacht

nachts
erinnern die sterne an ferne galaxien
die fensterläden klappern
mit bäumen um die wette

mäuse tapsen naiv
und voller unschuld
über den speicher
sie wissen noch nichts vom winter

der mond gleißt mit glitzerstaub

die wachen stunden
wunder
schritte in die nacht
abenteuer

das strohbett unter mir
raschelt beruhigend

sommerelegie

in meiner erinnerung sind die sommer golden
der weizen steht gelb und hoch
der alte schuppen ist schwarz vor teer
und heiß am holz

der mohn klatschrot
weit die felder
an der mauer klettern ziererbsen frivol

obst trieft vor süßem saft
zwetschen birnen äpfel kirschen beeren
tomaten glänzen wie gewachst

die schweine suhlen sich
genüsslich im schlamm
die kruste wie ein faulheitspanzer

träge torkeln die hühner
übern hof
die hitze erinnert sie an suppe

ich liege
mit glühender haut
im apfelschatten

wäsche flattert
insekten summen
meine decke kratzt

die lokomotiven meiner kindheit

die lokomotive meiner kindheit
steht im ölschweiß
groß und schwer
heute ist sie menschendampf
und sorgenmeer

die lokomotiven meiner kindheit
strahlten fröhlich
verhießen glück
heute abgehetzt, gebeugt
trotten nur noch mit

die lokomotiven meiner kindheit
pflügten die zukunft
dampften um die wette
heute zögern sie
und fürchten die gesetze

die lokomotiven meiner kindheit
waren helden
zauberten meine welt
heute fürchten sie zu verlieren
was mich bei ihnen hält

die lokomotiven meiner kindheit
leuchteten wundersam
staunend in den tag
heute nehmen sie geheimnisse
greisenhaft ins grab

pendler

und träge
liegt das wasser
als kinderträume
im blauen anorak
an mir vorbeirattern

und träge
schläft der fluss
als weltenweisheit
von der hutablage
viel zu vergangenes preisgibt

und träge
streichelt der regen
als hunde
im gras
kindertränen tragen

und träge
plätschern kanäle
als heimkehrer
in semaphoren
ihre seelenruhe lesen

und träge
glänzt der laubfall
als der efeu
von gebrochenen ziegeln
den himmel erklimmt

und träge
flirten meine worte
mit dem alltag

studie in lust

hartzarter muskelstahl
der hauch von worten

zupacken
beschleunigen
aufSCHREI

und lust und träume und schweiß

zufall

ich weiß gar nicht
wo sein gesicht aufhört
und das blut anfängt

der greise sexgott
stöhnen
stirbt er im letzten schweiß

fuck fuck fuck

das blut
tropfen
für
tropfen
mit dumpfen aufprall

schläge, tritte, zähne, knochen
good lord fuck hell
schicksal

saddams tod

lakenbleiche brust
das letzte hemd war ohne knöpfe
schillernd
in den farben des krieges
fällt sein graues haar

friedensmarsch mit tausenden von stiefeln
schwarz sind sie
des al'Sadrs federn
zu grabe getragener
sieg der demokratie